Auf dem höchsten Punkt der Erde und die ersten Vanlife-Begegnungen
- Nadine
- 2. Jan. 2020
- 4 Min. Lesezeit
El Reventador, Cotopaxi und Quilotoa. Diese Vulkane können wir schonmal von unserer Bucketlist streichen. Nun fehlen uns noch drei der grössten Vulkane Ecuadors. Einer davon befindet sich ganz in der Nähe, auf 5000 Metern über Meer und trägt den Namen Chimborazo. Von 600 auf 5000 Metern in einem Tag ist aufgrund der Höhendifferenz eher keine gute Idee, daher verbringen wir in der Hälfte davon eine Nacht vor einem kleinen Hotel, wo wir zum ersten Mal auf Unseresgleichen treffen. Ein argentinisches Pärchen mit Wohnwagen und zwei Hunden verbringt hier ebenfalls eine Nacht. Seit vier Jahren sind sie bereits unterwegs.
Am nächsten Tag brechen wir bereits früh nach Chimborazo auf und finden uns nur 2 Stunden später inmitten einer mystischen, surrealen Mondlandschaft wieder, komplett alleine, bis auf einige wilde Vicunjas, die diese Gegend ihr Zuhause nennen. Der dichte Nebel verdeckt die Sicht auf den Vulkan, daher unternehmen wir einige kleinere Spaziergänge in der beeindruckenden Landschaft. Es ist kalt, daher fallen die Spaziergänge kürzer aus als sonst, trotzdem geniessen Milo und Chewie die Weite und Stille dieses magischen Ortes.
Um mich aufzuwärmen richte ich mir die Innen-Dusche in unserem Hektor ein, leider versagt in der Hälfte meiner warmen Dusche unsere Wasserpumpe. Der denkbar ungünstigste Moment. An eine Reperatur, die nur von aussen möglich ist, ist in der Dunkelheit und Kälte nicht zu denken und so muss der Spülgang bis morgen warten. Unser Fenster-Isolationssystem ist seit unserer Nacht im Cotopaxi-Nationalpark Routine und so wird Hektor in kürzester Zeit mit Militärdecke, Ponchos und Yogamatte winterfest. Die Standheizung brauchen wir in dieser kalten Nacht trotzdem. Die Strapazen haben sich jedoch gelohnt denn an diesem Morgen erhaschen wir einen klaren Blick auf den beeindruckenden, höchsten Berg Ecuadors in der Ferne. Der Chimborazo ist mit seinen über 6000 Metern über Meer zwar nicht der höchste Berg ab Meeresspiegel, jedoch ist seine Spitze aufgrund der unregelmässigen Erdkrümmung am weitesten vom theoretischen Erdmittelpunkt entfernt . Aus dieser Sichtweise ist sein Gipfel somit der Höchste Punkt der Erdkugel!
Ein unbeschreibliches Gefühl, dass wir uns also nun hier oben befinden, gleichzeitig spüre vor allem ich die Höhenkrankheit. Von den Kolumbianern haben wir gelernt, dass Coca-Tee (der übrigens in ganz Lateinamerika legal hergestellt und verkauft wird und nichts mit einer gewissen illegalen weissen Substanz zu tun hat) Wunder gegen die Atemnot, die Schlaflosigkeit und die Kopfschmerzen in solch luftigen Höhen wirkt. Gleichzeitig wärmt er uns in der Eiseskälte. Die Landschaft hier ist unbeschreiblich schön und wäre da nicht diese Kälte, würden wir es hier auch noch länger aushalten. Nachdem Kevin die Wasserpumpe wieder geflickt hat und wir uns zuerst wieder ein wenig aufgewärmt haben, fahren wir wieder weiter. Die Strasse, die sich durch den Nationalpark schlängelt ist einmalig schön, die Vicunjas, die sich wie Geister durch die Mondebenen fortbewegen, im Nebel verschwinden und immer wieder aus dem Nichts auftauchen sind ein Anblick, den wir bestimmt so schnell nicht vergessen werden und der mächtige Vulkan präsentiert sich im wechselhaften Nebel-Wetter von all seinen Facetten. Ein wahrlich einmaliger Ort und definitiv eine der schönsten Landschaften unserer gesamten Reise!
Einige Autostunden später kommen wir schliesslich erschöpft in Banos an, einem Kurort im Westen von Ecuador. Wir fühlen uns etwas erkältet, kein Wunder bei den ständig wechselnden Klimaverhältnissen auf unserer Reise. Der Ort mit unzähligen Thermalquellen scheint daher der perfekte Erholungsort. Wir halten vor einem Hostel mit Campingwiese und trauen unseren Augen kaum, als wir auf einmal vor einem Zuger-Wohnmobil stehen. Es gibt sie also doch, die Schweizer Langzeitreisenden in Südamerika! Den sonnigen Nachmittag verbringen wir draussen auf der Wiese mit Picknick und Dog-Spielen. Unsere Hunde schätzen es ungemein, wiedermal echtes grünes Gras unter den Pfoten zu haben. Am Abend kehren dann auch die Schweizer von ihrer Wanderung zurück und sind mindestens genauso überrascht wie wir, hier auf ihre Landsleute zu treffen. Wir unterhalten uns über Routen und holen uns einige Tipps ab für den Südkontinent.
Am nächsten Tag brechen wir schon früh zu einer nahen Therme auf. Wir bezahlen die 4 Dollar Eintritt, jedoch halten wir es hier keine halbe Stunde aus. Das Wasser ist dreckig und trüb und bereits um 8 Uhr morgens komplett überfüllt. Stattdessen wollen wir eine kleine Wanderung zu einem nahe gelegenen Wasserfall unternehmen. Wir verabschieden uns von den Schweizern, deren Weg sie in Richtung Mexiko führt und machen uns wiedermal auf den Weg. Ein kurzer Spaziergang führt uns hinab in eine Schlucht, wo das tosende Wasser in eine riesige Lagune hinabfliesst. Wir sind beeindruckt von der Kraft der Wassermassen und bleiben noch ein Weilchen, bevor wir unseren längst überfüllten Wäschesack in einer Wäscherei der Stadt abgeben und uns bei einem Hostel in der Nähe des Dorfkerns hinstellen dürfen. Hier finden Milo und Chewie zwei neue Freunde und auch wir fühlen uns ganz wohl.
Drei Tage bleiben wir hier, schlendern durch die weihnachtlich dekorierten Gassen (auf ecuadorianisch natürlich), essen feines mexikanisches Essen in einem kleinen Restaurant, wo der knapp 40-jährige Wirt ständig seine «Mama» ruft, trinken Daiqiris und echten Capucchino (oh wie wir den italienischen Kaffee vermissen!) und geniessen das angenehm milde Klima.
Unser letzter Stopp in Banos führt uns schliesslich auf einen der umgebenden hohen Hügel zum «Casa de Arbol», einer Art Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Hier gibt es Zip-Lines, Schwingen und einen fantastischen Ausblick auf den Tungurahua Vulkan an klaren Tagen. Heute ist leider keiner davon. Wir kehren in einem nahe gelegenen Hostel ein, wo wir auf besseres Wetter warten. Abends sitzen wir mit den Wirten zusammen im Wohnzimmer und verfolgen die Neuigkeiten über den äusserst aktiven Sangay-Vulkan, der sich nur knapp 50 Kilometer weiter südlich von Banos befindet. Aufgrund der Windverhältnisse und der Lage bleibt Banos von der Aschewolke verschont und wir sind froh, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Drei Tage bleiben wir hier, kuscheln mit Kevins neuer Freundin, einem jungen zutraulichem Lama, lassen die Seele baumeln und erhaschen sogar einige Male einen Blick auf den Tungurahua. Morgen ziehen wir weiter Richtung Westen, an den Rand des Amazonas. Puyo heisst unser nächstes Ziel.
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